Dominikanerkloster und Kreuzgang
Am Dominikanerplatz, wo heute die Dominikanerkirche, das Konservatorium und die städtische Kunstgalerie eine architektonische Einheit bilden, war einst, zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert, der wirtschaftliche und künstlerische Mittelpunkt Bozens. Im Laufe der Jahrhunderte verlor das einst mächtige Kloster des Dominikanerordens an Bedeutung und Umfang.
Drei mit kostbaren Fresken ausgstattete Kapellen gingen vollständig verloren. Die letzten Schäden gehen auf das Jahr 1944 zurück, als die Kirche voll von einer Bombe getroffen wurde.
Im Dominikaner-Kreuzgang wurde die Restaurierung der Innenfassaden abgeschlossen. Der Bogengang ist einer von drei Kreuzgängen, über die das Dominikanerkloster ursprünglich verfügte.
Im 14. Jh. gemeinsam mit der Dominikanerkirche erbaut, blieb das Kloster jahrhundertelang ein wichtiger religiöser und kultureller Bezugspunkt für die Stadt Bozen, bis es im Jahr 1785 auf Geheiß von Kaiser Josef II. geschlossen wurde.
Wenn man den Kreuzgang, der gleichzeitig Eingang des Konservatoriums ist, betritt, wird Klosteratmosphäre greifbar. Wer Glück hat, besichtigt die schlichten Gewölbe begleitet von suggestiven Geigen- oder Klavierspiel.
Korbianinmeister (Werkstatt von Friedrich Pacher)
Kreuzigung, Opferung Isaaks, der heilige Johannes, Aufrichtung der Bronzeschlange, Jesaja (um 1496)
Friedrich Pacher und Werstatt
Mystische Einhornjagd, König Salomo, Symbol des Evangelisten Lukas (um 1496)
Friedrich Pacher und Werstatt
Mariä Heimsuchung und Geburt des Täufers, Kirchenvater (?), Prophet (?) (um 1496)
Meister der Vigiliuslegende
Thronende Madonna mit Kind zwischen den Heiligen Jakobus und Antonius Abt, zwei Stifter, Verkündigung (um 1390 - 1395)
Im 19. Jh. wurde der Komplex teilweise abgebrochen, weitere Schäden entstanden im darauffolgenden Jahrhundert während des Zweiten Weltkriegs.
Trotzdem sind in der Kirche bedeutende Werke der Malerei des 14. Jahrhunderts erhalten geblieben, insbesondere in der um 1329 nach Giotto-Manier mit Fresken bemalten St. Johannes Kapelle.
Erhalten geblieben ist auch ein Beispiel barokker Kunst, nämlich ein großes, von Guercino gestaltetes Altarbild, das die "Vision von Sorano" zeigt, ein wundersames Ereignis, das sich 1530 im Dominikanerkloster von Soriano Calabro zugetragen haben soll.
Der Kreuzgang weist Gestaltungselemente aus drei verschiedenen Epochen auf. Die Malereien aus dem 14. Jh. sind nur mehr teilweise erhalten. Sie wurden durch den Einbau des spätgotischen Gewölbes in Mitleidenschaft gezogen.
Bei diesem Eingriff gingen viele Darstellungen verloren, und viele der neuen Gewölbeflächen blieben unbemalt. Die Dekorationen, die Anfang des 16. Jahrhunderts mit der Technik der Trockenmalerei angefertigt wurden, sind ebenfalls stark beschädigt, da die Farbe bei dieser Maltechnik eine geringe Haltbarkeit hat.
Sehr beeindruckend und weitaus besser erhalten sind hingegen die Fresken von Friedrich Pacher. Der spätgotische Maler, der unter dem Einfluss der Renaissance-Malerei stand, gestaltete den Kreuzgang um das Jahr 1496 mit einem Bilderzyklus. Unter den Lünetten, die Pacher bemalte, sticht besonders der "Hortus conclusus" hervor, ein großer, eingefriedeter Garten, in dem Mariensymbole und symbolische Tiere wie das Einhorn, die Phoenix und der Pelikan dargestellt sind. Dies komplexe Ikonographie war vor allem in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum verbreitet.
Dreh- und Angelpunkt des Werks ist die Verkündigung, die Maria mit einem Einhorn zeigt. Das Tier, das im Mittelalter besonders gefürchtet war und von dem man sagte, es könne nur durch eine Jungfrau bezwungen werden, hat seinen Kopf in Mariens Schoß gelegt. Die Darstellung des bezwungenen Einhorns in Verbindung mit der Verkündigung durch Erzengel Gabriel soll das Mysterium der unbefleckten Empfängnis unterstreichen.